Wir haben das heißeste Jahr in Indien seit Jahrzehnten. Da schwitzen sogar die Inder ununterbrochen und wir mittendrin. 48 Grad waren für mich bisher unvorstellbar, aber nun weiß ich wie es sich anfühlt - unerträglich. Wer kann bleibt den ganzen Tag über im Haus und geht erst abends in die Stadt (ich habe Johpur noch nie so ausgestorben gesehen!). Wir verlassen das Haus natürlich trotzdem um unterrichten zu gehen, denn wir wollen unsere Schüler nicht wegen der Hitze vernachlässigen.
Es ist erschreckend über die ganzen Hitzetode zu lesen, die oft gar nicht so weit weg von hier passieren... Die Maximaltemperatur (51 Grad) wurde in einem Dorf gemessen, das nicht einmal 2 Stunden von uns entfernt liegt.
Deswegen haben wir beschlossen die Zeit des Sambhal Centres zu verschieben. Zuvor sind wir immer von 4 bis 6 Uhr nachmittags dorthin gegangen, doch das war aufgrund der Hitze sowohl für uns Freiwillige als auch für die Schüler sehr unangenehm und kaum jemand konnte sich noch konzentrieren. Vor allem für meine Klasse und mich war es unvorstellbar unerträglich, da wir auf dem Rooftop sind. Zuvor war dass immer ganz gut, da wir so etwas Wind hatten, aber nun sind wir der Sonne ausgesetzt und der Wind ist auch eher ein heißes Lüftchen als eine Abkühlung. Einen Tag lang konnte ich nicht zum Center gehen, da ich schon Kopfweh und Schwindelgefühle hatte und mich dann nicht auch noch 2 Stunden der brütenden Hitze aussetzen wollte.
Da die Kinder zurzeit Schulferien haben, hatte Vimlesh nun die geniale Idee das Center auf den Morgen vorzuverlegen, sodass wir nun schon um 8 Uhr morgens dort sind. Auch wenn es bedeutet früher aufzustehen, war es wirklich eine gute Entscheidung, denn sowohl die Kinder als auch wir Freiwillige sind viel fitter wenn es noch kühler ist. Meine Schüler sind nun wieder viel motivierter Englisch und Mathe zu lernen. In Englisch haben wir nun gerade die Themen Jobs, much/many und opposites mit dis-, im-, in-, il-, ir- und un- beendet. Und in Mathe haben wir riesige Fortschritte gemacht, sodass wir jetzt lange Aufgaben nach dem Schema, erst Klammern berechnen, dann Multiplikation und Division und erst dann Addition und Subtraktion berechnen können. Ich bin wirklich stolz auf meine 6 Jungs (den auch mein letztes Mädchen kommt nun leider nicht mehr, da sie zu Hause mithelfen muss...) Ich habe jetzt nur noch 6 Wochen hier, wovon in einer davon das Center geschlossen sein wird. Es ist erschreckend und traurig wie wenig Zeit uns nur noch zusammen bleibt und ich möchte am liebsten gar nicht daran denken. Doch die Kinder erinnern mich jeden Tag daran, denn es scheint auch sie sehr zu beschäftigen. Auf meinem Stockwerk unterrichten wir immer zu zweit und während der zweite Freiwillige immer in Abständen von 2-3 Monaten gewechselt hat, bin ich immer von Anfang an konstant geblieben. Am Ende jeden Tages werde ich von allen umarmt und darum gebeten nicht zu gehen - wirklich total süß und traurig zugleich!Und gefühlte hundertmal musste ich jetzt schon versichern, dass ich sie niemals vergessen werde!
Ich hoffe einfach wirklich, dass nach mir ein anderer Langzeitfreiwilliger in dieses Center kommen wird, denn ein dauernder Wechsel an Freiwilligen ist wirklich nicht gut für sie...
Akash und Hemant (mein neuer Schüler) |
Sameer und Raja |
Raja und Akash |
Mit Aaichuki, Sanjna und Hemant, wobei die Mädchn nicht in meiner Klasse sind. |
Unsere Schüler haben ihre Sambhali Uniformen bekommen! |
Mit Sanjna, Lilly und Aaichuki |
Leider hab ich nun gar keine Zeit mehr zwischen meinen Centern den um 10:30 Uhr beginnt ja bereits meine erste Klasse im Jodhpur Empowerment Center.
Zuerst unterrichte ich für eine Stunde meine Medium-Beginners class. Meine 6 Schülerinnen sind teilweise wirklich unglaublich clever und ich muss mich ganz schön ins Zeug hängen um dauernd neue Sachen vorzubereiten, den Wiederholen wird hier schnell zu langweilig. Vor allem in Mathe sind sie alle Genies! Mit dieser Gruppe habe ich immer unglaublich viel Spaß und sie sind für mich alle eher zu Freundinnen geworden. Sie sind ja auch alle in meinem Alter oder sogar ein bisschen älter. Sie lachen viel mit mir und nicht selten auch mal über mich, wenn ich mal wieder etwas mache, was aus indischer Sicht wohl nicht normal ist oder aber sie lachen über mein Hindi (mal weil sie es lustig finden, dass ich ihnen in ihrer Sprache sage, dass sie doch bitte schneller schreiben sollen oder leise sein sollen, und mal weil ich irgendetwas falsch ausspreche) Aber an sich lachen in dieser Gruppe eh alle über alle und auch über sich selbst, sodass es eigentlich immer total lustig ist. Die Gruppe unter sich wächst immer mehr zusammen und das ist wirklich schön zu sehen, denn als sie vor 5 Monaten alle neu dazukamen, gab es diese Zusammengehörigkeit noch nicht.
Mittlerweile nennen meine Medium Girls mich auch alle nur noch Jessi - ein kleiner Kontrast zu dem "Jessica - Mam" in Sambhal.
Dann haben wir momentan 4 Mädchen, die unser Center während der Schulferien besuchen. Sie sind zwischen 12 und 14 Jahren alt und ich unterrichte sie eine halbe Stunde zwischen meinen Stunden separat. Man merkt schon, dass sie gute Schulen besuchen (eine von ihnen sogar eine English Medum school, auf der mehr Englisch als Hindi gesprochen wird). Mir gegenüber waren sie anfangs erst ziemlich schüchtern und haben nur total leise gesprochen, doch jetzt werden sie immer offener und fragen mich andauernd nach meinem Leben in Deutschland: "What festivals do you have?", "What games do you play?" und und und...
Anschließend besuchen diese 4 dann auch noch meine Advanced Klasse. Meine advanced Klasse besteht eigentlich aus 8 Frauen, allerdings kommen die meisten von ihnen nur sehr selten und so habe ich normalerweise nur 3-4 Frauen. Wir haben mit dem Thema Tenses angefangen und sie lernen gerade die Vergangenheitsformen der unregelmäßigen Verben. Die Frauen reden immer viel über ihre Kinder oder über ihre Näharbeiten und finden es immer noch amüsant, dass ich gar nicht nähen kann :-D
Um 13 Uhr bin ich dann schon fertig mit dem Unterrichten und aber auch schon ganz schön geschafft. Dann muss ich noch 4 Unterrichtseinheiten für den nächsten Tag vorbereiten.
Auf einmal 4 Klassen statt der gewohnten 2 zu haben ist schon echt anstrengend, vor allem da es ja recht heiß ist und Stromausfälle an der Tagesordnung sind...Diese Stromausfälle sind übrigens des Öfteren von der Regierung angeordnet um Strom zu sparen, den man dann in die umliegenden Dörfer schicken kann. Mit diesem Wissen werden die Stromausfälle zwar nicht erträglicher aber man kann sich damit abfinden, da es auf jeden Fall Sinn macht.
Außerdem kommen von nun an wieder die ein oder anderen neuen Freiwilligen, die ich als Volunteer Coordinator einweisen muss und je näher das Ende unseres Freiwilligendienstes rückt, desto mehr Dinge fallen noch an. Zahlreiche Reports müssen noch geschrieben werden, wir sollen unserem Chef helfen die Sambhali Website umzuschreiben und ich soll ein File erstellen für den nächsten Volunteer Coordinator, damit dieser es leichter hat. Es wird mir also während der unterrichtsfreien Nachmittage auf keinen Fall langweilig!
Um aus dem Guesthouse rauszukommen habe ich nun wieder mit dem Schwimmen angefangen. Das heißt ich trage wieder meine tolle Kombination aus Badeanzug, Badeshorts, und Badekappe um möglichst viel zu verdecken und schwimme täglich 45 Minuten im Schwimmbad des Sportkomplex nebenan. Ich bin trotzdem noch eine der "freizügigeren", einige tragen Ganzkörperanzüge bis zu den Handgelenken und Knöcheln.
Die anderen Freiwilligen gehen immer morgens schwimmen, aber da habe ich jetzt wegen Sambhal keine Zeit mehr, sodass ich als Einzige nachmittags gehe. Und das Schwimmbad ist echt voll! Bestimmt 40 Personen und ich bin die einzige Westlerin. Zudem bin ich die einzige Brustschwimmerin. Die Inder lernen nämlich das Kraulen zuerst und viele kennen das Brustschwimmen gar nicht und schauen mir interessiert zu. Da ich alleine bin, werde ich täglich in Gespräche verwickelt und habe schon zahlreichen Inderinnen erklärt was ich hier mache und warum ich so anders schwimme.
Seit Kurzem habe ich nun auch eine "Schwimmschülerin", die meine Art des Schwimmens unbedingt erlernen möchte. Ich glaube meine Fähigkeiten als Schwimmlehrerin lassen aber zu wünschen übrig, denn als sie gestern zum ersten Mal frei schwimmen wollte, ist sie erstmal untergegangen. Zum Glück konnte sie sich aber wieder selbst retten, da sie ja an sich weiß wie man schwimmt, nur das Brustschwimmen kennt sie eben nicht.