Dienstag, 18. August 2015

Was braucht man zum glücklich sein?

Diese Frage beschäftigt mich die letzten Tage sehr. Jeder würde natürlich sagen, dass Glück nicht nur vom Materiellen abhängt: Das haben wir irgendwo mal aufgeschnappt; für gut befunden, weil wir genau wissen, dass da was Wahres dran ist; und geben es als Lebensweisheit weiter.

Doch wie wahr diese Aussage ist, merken wir vielleicht erst in bestimmten Situationen.
Bei mir zumindest ist das so. Und die  "Situation", die bei mir diese Gedanken auslöst, erstreckt sich über die letzten zwei Wochen und wird auch wohl das ganze Jahr über anhalten.
Wenn ich nachmittags in mein Projekt fahre, mitten durch die heruntergekommenen Gebäude, in denen ganze Großfamilien hausen, vorbei an den Wäscheleinen, die an den Straßen montiert sind, durch die Esel-, Ziegen oder Kuhherden; so denke ich mir oft wie mein Leben wohl aussehen würde, wäre ich an diesem Ort geboren. Ich stelle mir die Armut vor, die viele Arbeit und die Blicke all derer, die sich für was Besseres halten. Anfangs dachte ich mir, wie kann solch ein Leben überhaupt glücklich verlaufen?
Doch wenn ich dann auf meine Schülerinnen treffe -all die Frauen und Mädchen- sehe ich fast ausnahmslos lächelnde Gesichter.
Sie wirken auf mich so lebensfroh und ihre gute Laune ist ansteckend! Die drei Stunden, die ich dort nachmittags mit ihnen zusammen verbringe, vergehen jedes Mal wie im Flug.
Selbst die Schüchternen unter ihnen lächeln mich an, sobald ich in ihre Richtung schaue.
Die Stimmung beim Unterrichten ist immer mehr als angenehm und das liegt allein an ihrer Art!
Um es kurz zu fassen: Zumindest für diese Stunden, in denen ich diese indischen Mädchen und Frauen erleben darf, könnte ich schwören, dass sie glücklich sind.
Glücklich allein dadurch, dass sie in Gesellschaft der anderen Frauen sind, vielleicht auch durch die Ablenkung zum Alltag und vielleicht auch weil sie die Möglichkeit haben etwas zu lernen.
Dass ist nicht viel und für viele westliche Menschen würde das bestimmt bei Weitem nicht ausreichen um glücklich zu sein. Doch was bedeutet überhaut glücklich sein ?
Auf dem Boden sitzend -was bei drei Stunden echt unbequem werden kann!-  jede mit nur einem Schreibheft und einem Bleistift ausgestattet, und in einem Raum, der mit den etwa 30 Leuten mehr als gefüllt ist, und trotzdem glücklich!
Natürlich könnte man jetzt sagen, diese Menschen kennen einfach nichts Anderes und sind deswegen damit schon glücklich. Und das mag ja auch stimmen.
Dennoch ist doch genau das der Punkt. Wie viel brauchen wir wirklich um glücklich zu sein? Eventuell sind es gerade unsere Privilegien, die uns schlussendlich unglücklich machen. Spätestens dann, wenn sie mal doch nicht da sind. Dann wenn wir mal irgendetwas hatten, was wir jetzt nicht mehr haben - dann sind wir doch unglücklich? Was aber wenn wir es einfach von Anfang an nicht gehabt hätten? Wären wir dann vielleicht im Gesamten glücklicher?
Ich möchte nicht sagen, dass es komplett ohne Materielles geht - das stimmt bestimmt nicht.
Denn für ein dauerhaft glückliches Leben, muss das Überleben bestimmt irgendwo abgesichert sein und darüber hinaus vielleicht noch ein bisschen mehr.
Doch alles was über diesen Wert hinausgeht, macht uns meiner Meinung nach nicht unbedingt glücklicher.
Glücklich sein ist bestimmt auch eine Sache der Einstellung und ich glaube in diesem Bezug kann ich von meinen Schülerinnen hier eine ganze Menge lernen!


Dieser Blogeintrag hebt sich zwar ziemlich von meinen bisherigen ab, erscheint mir im Moment aber genauso wichtig. 

2 Kommentare:

  1. Klasse Eintrag, macht immer wieder Spaß zu lesen, was du in Indien erlebst.

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  2. Du wirkst glücklich :) ...vielleicht ist das der eintscheidende Punkt!? Hab viel Spaß weiterhin :)
    LG

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